Natürlich sind wir früh aufgestanden. Der Flug zurück von Phaplu nach Katmandu sollte um 8.30 Uhr gehen. Vorher wollten wir noch packen und frühstücken. Es gab Dal Bad (Linsen und Reis).
Ganz sicher waren wir nicht, ob der Flieger wohl tatsächlich pünktlich abfliegt. Schließlich waren wir in Nepal. Da gehen die Uhren anders. Und letztendlich hängt es auch vom Wetter ab, ob das Flugzeug starten kann oder nicht.
Das Wetter hier oben in den Bergen war klar. In der Nacht war es im wahrsten Sinne des Wortes eiskalt gewesen: Ein Glas mit Wasser, das im Garten der Lodge übernachtet hatte, war bis an den Rand zu Eis gefroren. Ohne Heizung und richtige Wände war es auch im Bett ziemlich kalt gewesen. Morgens beim Frühstück hatte unsere Wirtin auf unsere Bitte hin den Bollerofen angeheizt. Doch alle Türen nach draußen standen weit offen. Im Zimmer war es trotzdem kalt.
Warten mit Blick auf drei 7000er
Pema hatte am Flughafen nachgefragt. „Frühestens um 11 Uhr“, hatte man ihr mitgeteilt. So warteten wir weiter in der kalten Lodge. Draußen wurde es wärmer, war es schließlich wärmer als drinnen in dem Raum mit dem Bollerofen. Deshalb entschieden wir uns dann doch lieber unten am Flughafen zu warten. Da war es wärmer und der Blick auf die schneebedeckten 7000er beeindruckend.
Flug gecancelt
Wir warteten bis um 12 Uhr. Dann wurde der Flug gecancelt. Der Wind war zu stark. Die kleinen Flugzeuge konnten nicht starten. Pema telefonierte mit Chenga. „Wir werden von einem sechssitzigen Hubschrauber abgeholt.“ Wie aufregend. „Ihr fliegt und ich lass mich mit dem Jeep ins Tal nach Katmandu fahren.
Hubschrauber gecancelt
Um 13 Uhr war auch der Hubschrauber gecancelt. Das Wetter, der Wind, war selbst für einen Hubschrauber zu schlecht. „Wir fahren mit dem Jeep durch die Berge“, entschied Pema. Schließlich hatten wir die Katmandu-Kinder für morgen eingeladen. Da sollten wir da sein.
Mit dem Jeep durch die Berge
Um 13.45 Uhr ging es los. Der Fahrer verstaute unser Gepäck auf dem Dach und uns im Fahrgastraum. Neun Personen plus Fahrer. Es war eng. Das halten wir aus, waren wir uns einig. Was ist ein bisschen Enge schon gegen das Abenteuer mit dem Jeep durch die Berge zu fahren.
300 Kilometer sind es von Phaplu bis Katmandu. Zehn Stunden Offroad-Fahrt über Wege, die eigentlich keine sind. zehn Stunden Bergpässe. Enge Straßen, mit Löcher und Schlamm, kleine Hügel in alle Richtungen und in allen Längen. An den Seiten geht es steil bergab ohne Begrenzung.
Der Fahrer kannte sich aus. Er fuhr die Strecke nicht zum ersten Mal. Ich hatte Vertrauen.
Gebetsmühlen auf dem Gipfel
Unser Fahrer hieß Dill, was so viel wie „Herz“ oder „Lob“ bedeutet. Unterwegs hielt er bei jedem entgegenkommenden Jeep an und die Fahrer begrüßten sich, tauschten ein paar Worte. Unterwegs hielt Dill ein paar Mal an. Manchmal, um sich bei der Polizeidienststelle zu melden, die an vielen Streckenpunkten stationiert ist, manchmal aber auch, um kurz einen guten Freund zu begrüßen.
Auf dem Gipfel gab Gebetsmühlen und einen kleinen Tempel. Und natürlich Schnee. Aber den gab es auch schon weiter unten. Das erste Dorf, in dem wir eine Kleinigkeit aßen – es gab Dal Bad (Linsen und Reis) – war winzig und sehr weit oben. Der Blick war weit über viele Reisfelder, die treppenförmig angelegt sind. Eine Hochzeitsgesellschaft war mit Pauken und Trompeten und viel Musik unterwegs, um die Braut abzuholen und zu ihrem Bräutigam zu fahren.
Leben mit Rind und Büffel in der Hütte
Der zweite Halt war im Tal in der Nähe eines riesigen Flusses, der sogar einigermaßen klar aussah. Die Luft war mild, fast warm. Die Menschen hier wohnten in Hütten gemeinsam mit ihren Kühen und Büffeln, die sie auch an der Leine spazieren führten. Die Hütten waren lediglich aus Bambus, mit Zeitung an den Wänden als Isolierung. Gekocht wurde vor den Hütten auf offenen Feuerstellen. Hier wuchsen Palmen und Bananen, die einzelnen Felder waren mit kleinen Mäuerchen eingezäunt.
Ist das eine Straße oder kann das weg?
Die Weiterfahrt ging durch ein Tal. Es wurde dunkel, Straßen waren in der Ebene nicht zu erkennen. Doch Dill kannte ganz offensichtlich seinen Weg, auch wenn der nicht wirklich markiert war. Es ging mit dem Jeep durch Bäche und Wasserstellen. Wie tief sie waren, konnte man kaum erkennen. Ich wäre da nie im Leben durchgefahren, doch Dill waren die Stellen einfach vertraut. Er wusste auch, wo die Tankstelle war, die außer ihm sicherlich kein Mensch der Welt gefunden hätte. Schon gar nicht im Dunkeln. Er führte uns in einen Ort, an dem sich die Berufsfahrer regelmäßig trafen. Wir aßen hier zu Abend. Es gab Dal Bad.
Und plötzlich sprang uns ein Tiger fast vors Auto
Wir holperten weiter über Stock und Stein. Inzwischen war es stockdunkel. Und plötzlich sprang uns ein Tiger fast ins Auto. Dill trat voll auf die Bremsen und es tat einen Schlag. Wir befürchteten, dass wir ihn vielleicht mit dem Kotflügel erwischt hatten und Dill wendete den Jeep, um nachzusehen. Doch der Tiger war weg. Wir hofften, dass er vielleicht doch nicht allzu sehr verletzt war. Am Auto jedenfalls war nichts zu sehen.
Irgendwann gegen 1 Uhr nachts kamen wir in Pemas Hotel in Katmandu an. Was für ein Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, ein sauberes Bad, ein weiches Bett, ein richtiges Klo und warmes Wasser aus der Dusche! Das ist Luxus.