„Om mani padme hum“

nepal0969„Om mani padme hum“
Ob es so geschrieben wird, weiß ich nicht wirklich. Aber vermutlich ist es eh egal. Schließlich haben die Nepali komplett andere Schriftzeichen. „Om mani padme hum“ steht auf meiner Klangschale. Es ist ein Mantra und soll Glück bringen. „Was genau es bedeutet, erkläre ich dir, wenn wir im Kloster Ramkot sind“, sagte Thinley.

Platz für zwölf Personen und ein Picknick

Der letzte Tag. Morgens um 11 Uhr wollten wir los. Karle, unser Fahrer, holte uns ab. Nein, sicherlich heißt er ein bisschen anders, aber der Name klingt genau wie Karle. Und Karle ist einfach auch ein guter Name für einen Fahrer. Thinley kam mit und Pema, unsere Reisegruppe aus Deutschland – Gabi, Adolf, Tim, Martin, Judith und ich. In Chengas Bus ist Platz für zwölf Personen. Für zwölf Personen und Cola, Fanta, Sprite, Bier, Rum, Kekse, Tee, Kochgeschirr, Torte, Mo-Mo, was die Nepali-Variante unserer Maultaschen sind, Möhren, Mandarinen, Bananen und Nudelsuppe mit Gemüse. Dazu die Köchin – Pemas Schwester, die auch Pema heißt, Chenga, Tensing und die Tante, deren Namen ich mir bisher noch nicht merken konnte.

Platz für 400 Waisenkinder

Der Bus ist mindestens so geländetauglich wie der Jeep vom Freitag, die Straßen in Katmandu kaum besser als in den Bergen und dann ging es bergauf. Oben angekommen packte Chengas Familie aus, was sie mitgebracht hatte, Essen und Getränke mit Besteck und Geschirr einem kleinen Gasherd und Teppichen, auf denen wir sitzen konnten. Das Grundstück gehört Chenga. Ganz oben ist es und auch hier hat das Erdbeben ordentlich gewütet und Häuser zum Einstürzen gebracht. Chenga hatte kurzerhand Zelte aufgebaut und auf seinem kleinen Stück Land für 400 Kinder, die beim Erdbeben ihre Eltern verloren hatten, eine Unterkunft geschaffen.

Auf dem Dach der Welt

Der Ausblick von hier oben war einfach gigantisch, Ehrfurcht einflößend. Ich fühlte mich, wie auf dem Dach der Welt. Rings um uns her schneebedeckte Gipfel in 6000, 7000 und 8000 Metern Höhe. Und dazu noch jede Menge grüner Berge. Wir sind ein Stück gelaufen, an eingefallenen Bauernhäusern vorbei, an denen gearbeitet wurde, damit Mensch und Vieh, Ziegen, Kühe, Hunde wieder ein Dach überm Kopf haben sollten.

Hier oben gibt es nichts. Kein Wasser, keine Versorgung egal, welcher Art. Der nächste Ort ist im Tal, weit unten, die Wege schmal und holperig. Die Menschen versorgen sich weitestgehend selbst. Dafür gab es Bananen- und Apfelbäume, Bambusrohr. Hanf gab es nicht. Normalerweise dient das, was bei uns als Marihuana verboten ist, hier als Viehfutter. Doch im Winter wächst es nicht. Die Felder waren umgepflügt.

Angekommen auf dem Dach der Welt gab es frische Suppe und Torte, bevor wir uns auf den Weg ins Kloster machten.

Liebevolles Handeln von Körper, Geist und Sprache

Das Kloster ist normalerweise bewohnt, die kleinen Mönche, die Lamas, gehen hier zur Schule und lernen. Es bietet auch Platz für Touristen, die hier die Ruhe suchen, Abstand von Alltag und Hetze haben möchten. Hier wird meditiert und gebetet. „Om mani padme hum“ hat zu tun mit dem Lebenskreis. Die sechs Silben „Om mani padme hum“ sind die Grundlage von Gesetz, Recht und Sitte, ethische und religiöse Verpflichtungen sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus.
Das Mantra „Om mani padme hum“ ist Ausdruck eines liebevollen Handels von Körper, Geist und Sprache.
Wer es oft wiederholt, entwickelt Freundlichkeit und Mitgefühl für alle fühlenden Geschöpfe, heißt es. Zusammen mit anderen gesprochen wird es zu einem Gemeinschaftserlebnis und positive Energien sollen sich dabei entwickeln. Diese Energie verändert uns und unser Umfeld und soll die Welt wird damit ein kleines bisschen besser machen.

Wir durften uns alles ansehen. Die bunten Figuren und Malereien sind lebensfroh. Es duftet nach Räucherstäbchen und man kann sich hier vorstellen, wie nicht nur Mönche hier beten und Meditieren. Auch Gläubige aus dem Tal kommen hier her, wenn sie etwas auf dem Herzen haben oder einfach nur ihrem Glauben Respekt zeigen wollen.

Kilometerlange Schlangen an den Tankstellen

Zurück nach Katmandu nahmen wir später einen anderen Weg, um dem Stau zu umgehen. Seit einer Woche sind die Grenzen zu Indien auf und es gibt Benzin und Diesel. Die Schlangen an den Tankstellen sind kilometerlang. Manch einer steht hier derzeit zwei Tage und Nächte, um fünf Liter Benzin kaufen zu können. Es wird sicherlich noch eine Weile dauern, bis sich hier alles wieder eingespielt hat.

Kunsum hat Geburtstag und Nima und ihre Eltern wollten auch zum Abendessen kommen. Ich hatte die drei sofort in mein Herz geschlossen. Nepali sind einfach lieb. Bescheiden. Zufrieden. Trotz traumatischer Erfahrungen mit Lawinen und Erdbeben.

Das Dorf ist einfach nicht mehr da

Nima und ihre Eltern haben in Langtang gelebt, als das Erdbeben kam. Das 16jährige Mädchen hat mir Bilder gezeigt. Von ihrem Dorf vor dem Erdbeben und danach. Es war ein ganz normales lebendiges Dorf, mit Hotels, Fremdenverkehr, Sherpas und Bauern. Nach dem Erdbeben war nichts mehr da. Da, wo früher die Häuser standen, war einfach nichts. Nima zeigte mir Bilder von ihrem dreijährigen Cousin und ihrer besten Freundin, die nicht mehr leben und sie zeigte mir auch Bilder, auf denen zu sehen war, was das Erdbeben mit den Menschen gemacht hat. Ich hätte am liebsten gesagt, bitte pack das Handy weg. Ich kann nicht mehr. Ich halte diese Bilder nicht aus. Es sind Bilder, die kein 16jähriges Mädchen sehen müssen sollte. Aber ich hatte auch das Gefühl, Nima muss darüber reden. Sie versucht, die Geschehnisse, auf diese Weise irgendwie zu verarbeiten.

In Nimas Nachbarschaft gibt es einige Babies und Neugeborene. Ich gab Mutter und Tochter die Babyschühchen mit, die Birgit gestrickt hat. Ich denke, niemand hat etwas so Schönes mehr verdient als die Familien aus Langtang.

Abschied.

Katmandu, der Himalaya, Nepal, die Menschen hier – ihr werdet mir fehlen. Thiley hat uns eingeladen, mit ihm eine Trekkingtour durch den Himalaya zu machen. Wir werden sehen. Ich komme jedenfalls gerne wieder.

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